Einen Tag nach der Beedigung meiner Mutter kam der Film „Still Alice – Mein Leben ohne Gestern“ im TV. Hin und her habe ich mir überlegt, ob ich mich so schnell über einen Film tatsächlich mit diesem Thema auseinandersetzen kann. Alles ist noch frisch, alles tut weh und immer wieder war „habe ich genug für sie getan“ in meinem Kopf.
Dierser Film half mir dabei. Eine intelligente, noch junge Frau, konnte sehr gut erklären (in ihren guten Phasen) wie sich die schlechten Phasen und Situationen anfühlen. Der Zuschauer konnte sich einfühlen und sich selber in Frage stellen mit seinem Verhalten und seinen Reaktionen. Die Erklärung dieser geistreichen Frau, deren Leben um Kommunikation und um Wissensvermittlung ging, für die in schlechten Zeiten Worte einfach nicht greif- und nutzbar waren, obwohl das eines der wichtigsten Dinge in Ihrem Leben war, machte klar, in welcher schwierigen Situation ein Demenzeerkrankter sich befindet.
Die Verzweiflung, das Badezimmer nicht mehr zu finden oder einfach ein wirres Verhalten an den Tag zu legen und dieses aber noch zu registrieren; nicht aber verändern zu können. Mutti sagte immer: „Ich vergesse so viel – ich werde so vergesslich!“ ist doch nicht schlimm – wir denken nun für Dich mit…..
Dieser Film ermöglichte mir eine Rückbetrachtung meines Verhaltens und gab mir eine ganz besonders große Beruhigung: die nämlich, zu wissen, dass ich genau das richtige getan habe. Sie wurde betreut, von mir, als das nicht mehr ausreichte, weil 24 Stunden-Bereitschaft und das nicht erkennen der eigenen Gesundheitseinsicht als Angehörige nicht mehr geleistet werden konnte, durch ein Pflegeheim. Genau das war nötig, weil sie nun nicht mehr erkennen konnte krank zu sein. Sie wusste nicht mehr, dass sie nicht mehr Laufen kann und den Rollstuhl benötigt.
Ich habe irgendwann aufgehört dem gesprochenen Wort Bedeutung zu geben. Die täglich wieder kehrende Frage: „wie weit fährst Du zu mir“, habe ich jedesmal in selbiger Form beantwortet, auch wenn diese hunderte von Malen kam. Es war eine Frage, die sie eben jeden Besuch von mir beschäftigte. Ich konnte für sie sorgen, Lieblingsspeisen mitbringen oder Umsicht zeigen. Was sie mochte konnte sie mir nicht mehr sagen, ich musste aus Erfahrungen hantieren und aus ihrer Vergangenheit. Oft sagte sie „nein“ zu einem Geschenk, wenn ich sie danach fragte – als es auf dem Tisch stand wurden die Augen groß und glücklich. Mit dem Wort – der Bezeichnung – konnte sie nicht viel anfangen…. aber mit dem „Ding“ ohne Namen, das brachte glückliche und alte Erinnerungen zurück.
Ich konnte Abschied nehmen – ohne Worte – sie war zu schwach für ein Gespräch, ich konnte den Arm streicheln, die Backe, neben ihr sitzen, etwas zu trinken geben und einfach „da sein“. Verstanden hat sie vielleicht weder die Worte noch die Situation. Eines aber hat sie verstanden: ich war da und ich war ich liebevoll gesinnt……
Dieses Drama von Richard Glatzer und seinem Ehemann Wash Westmoreland nahm die Grundlage des gleichnamigen Romanes der 1970 geborenen Neurologin Lisa Genova, was 2007 deren Debüt als Romanautorin darstellte. Dieses doch so schwere – und für sehr, sehr viele Menschen das Leben begleitetende Thema war über 40 Wochen in der Rubrik „Roman“ auf der Bestsellerliste der New York Times. Es wurde in über 30 Länder verkauft und in mehr als 20 verschiedene Sprachen übersetzt. Auch wurde Still Alice 2013 von Christine Mary Dunford für die Bühne adaptiert.
Ein Film, der Angehörigen wie mir helfen konnte die Welt der Demenz zu betreten ohne von ihr aufgefressen zu werden. Die gute schauspielerische Darstellung ermöglicht die Familienproblematiken zu erkennen, die sich im Rahmen einer solchen Krankheiten aufzeigen. Als Betrachter kann es einem einfacher gelingen die eigenen Verhaltensweisen zu ändern … Der Film hilft begreifen, was an der Demenz nicht zu begreifen ist….